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Warum ich seit letztem Sommer 0 Aktien halte

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@zuerich
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Letzten Sommer habe ich meine (ohnehin niedrige) Allokation zu Aktien auf 0 gesenkt. Nachfolgend möchte ich kurz und knapp meine Überlegungen dahinter darlegen und hoffe auf eine rege Diskussion dazu. Diesen Text habe ich vor einigen Wochen begonnen. Durch das CCP-Virus hat sich in der Zwischenzeit einiges verändert. Ich schätze wir sind am Beginn einer wirtschaftlichen Depression.

Aus folgenden Gründen hielt ich im vergangenen Sommer mindestens 90% des Aktienmarktes für überbewertet:

  • die demographische Entwicklung: nach einer expandierenden Wirtschaft seit den frühen 80ern treten wir in eine Phase ein, in der immer mehr Baby Boomers ( geburtenstärksten Jahrgänge 1946-'64) aus ihren produktivsten Berufsjahren (maximales Gehalt) in den Ruhestand eintreten. Das führt dazu, dass der Ökonomie insgesamt weniger Geld für Investments zur Verfügung steht, dass ganz im Gegenteil ab dem Zeitpunkt der Pensionierung sogar Geld aus dem Aktienmarkt rausfliesst, weil der Rentner dieses Geld zum Leben braucht. Zudem ist der Konsum von Rentnern tendenziell niedriger als vor der Pensionierung. D.h. weniger Investitionskapital und weniger Konsum / weniger Unternehmensgewinne.
  • Quantitative Easing, billiges Geld, welches zu Aktienrückkäufen (stock buy backs) durch Unternehmen führte und deren Aktien praktisch schwerelos machte
  • Praktisch jeder Mensch (2-3 Ausnahmen), den ich im Beruflichen und im Privaten kenne, redete davon, dass man Aktien kaufen müsse, weil man damit langfristig 6-7% pro Jahr "erwirtschaften" (!) würde und weil man "passives Einkommen" braucht. Aus meiner Sicht gibt es kein passives Einkommen (ein andermal mehr dazu).

In den letzten 11 Jahren haben Aktien abnorm performt, was dazu geführt hat, dass fast jeder Aktionär, der halbwegs diversifiziert hatte, deutliche (Buch-)Gewinne gemacht hat:

So fühlen sich jetzt sehr viele Anleger, die in den vergangenen 3 Jahren gekauft haben und der Illusion angehangen waren, Aktien würden immer steigen:

Viele sagen jetzt, dass die Zentralbanken das schon richten werden, dass viel Liquidität bereit gestellt wird und die Aktienmärkte dann wieder anziehen. "Ich habe nur grundsolide Aktien in meinem Portfolio ... und wenn dann Liquidität da ist, sind Aktien ein guter Inflationsschutz."

Dem ersten Teil stimme ich zu, dem zweiten nicht:

  • Zentralbanken werden aktiv werden (bzw. bleiben) und versuchen den aktuellen Credit Crunch zu beenden - mit sehr viel Geld (das "sehr" kann ich gar nicht genug betonen).
  • Aber das bedeutet nicht zwangsläufig, dass Aktien davon profitieren bzw. dass sie einen (guten) Schutz vor Inflation bieten. Wenn wir eine Stagflation bekommen, d.h. kein Wirtschaftswachstum und eine relativ hohe Inflation, dann werden Unternehmen kaufkraftbereinigt weniger Gewinne machen. Da der Wert eines Unternehmens ganz wesentlich von den zukünftig erwarteten Gewinnen abhängt, wird der durchschnittliche Unternehmenswert in so einem Umfeld nicht steigen, sondern stagnieren oder sogar fallen. In so einem Umfeld performt z.B. Gold wesentlich besser als Aktien (siehe Zeitraum 1929-1936 unter https://www.macrotrends.net/1333/historical-gold-prices-100-year-chart; siehe gleicher Zeitraum https://www.macrotrends.net/1319/dow-jones-100-year-historical-chart).

Durch COVID-19 sehe ich alle oben genannten Probleme noch deutlich verschärft. Unternehmen können nicht produzieren und/oder nicht verkaufen. Ihnen fehlt Cash Flow, während sie einige Rechnungen (Miete, Gehälter, ...) weiter bezahlen müssen. Da die Liquiditätssituation schon vor dem Virus kritisch war und etliche Unternehmen nur durch Nullzinsen künstlich am Leben gehalten wurden, wird die aktuelle Situation vielen Unternehmen das Genick brechen. Dies wird weitreichende Auswirkungen haben.

Dies ist selbstverständlich keine Investmentempfehlung ;-)

Wie seht Ihr das?

Cheers, bleibt gesund und verspekuliert Euch nicht, zuerich